Rakete aus Österreich: Österreichische Studenten greifen nach den Sternen
Im Aerospace Team Graz (ASTG) bauen Student:innen Raketen, mit denen sie an internationalen Wettbewerben teilnehmen. Mit dem aktuellen Modell „AVES II“ wird das Grazer Team im Oktober an der European Rocketry Challenge in Portugal teilnehmen. Österreichische Unternehmen unterstützen das Projekt durch technische Hilfe und Sponsorenpartnerschaften. Von AT&S in Leoben stammt zum Beispiel ein Leiterplatten-Paket, mit dem die elektronische Steuerung realisiert wird.
Für Raketenwissenschaft ist Österreich eigentlich nicht bekannt, aber ein Team an der Technischen Universität Graz bestehend aus Student:innen von Grazer Universitäten und Fachhochschulen sorgt trotzdem international für Aufsehen. Das erst 2019 gegründete ASTG konnte bei der European Rocketry Challenge (EuRoC) 2021 mit ihrer Rakete „AVES“ gleich beim ersten Antreten einen Preis abstauben: Die jungen Raketenbauer:innen wurden mit dem „Technical Award“ ausgezeichnet, der für die beste technische Dokumentation vergeben wird. „Zudem war die AVES die am schnellsten beschleunigende Rakete im Wettbewerb“, sagt ASTG-Präsident Stefan Weiss. Mit der Nachfolgerakete „AVES II“ wird das Grazer Team im Oktober versuchen, diesen Erfolg zu wiederholen.
Präzision gefragt
Die vom ASTG geplante und konstruierte AVES II ist dreieinhalb Meter lang und 33 Kilogramm schwer. Die Rakete soll bei der EuRoC versuchen, möglichst exakt eine Flughöhe von drei Kilometern zu erreichen. Als Antrieb kommt ein sogenannter Feststoffantrieb zum Einsatz, bei dem Treibstoff und Oxidationsmittel vermischt in fester Form vorliegen. Nachdem das Triebwerk ausgebrannt ist und die Rakete auf die Zielgeschwindigkeit von rund 1100 km/h beschleunigt wurde, kann die Höhe durch das Ausfahren von „Airbrakes“ feinjustiert werden, die den Luftwiderstand erhöhen und die Rakete so abbremsen. Zurück auf den Boden geht es durch ein System aus zwei Fallschirmen, die eine sichere Landung und damit die Wiederverwendung des Gehäuses der Rakete erlauben.
Neben Antrieb, Airbrakes und Fallschirmtechnik finden in der Rakete auch noch sechs Kameras und ein Frachtbereich Platz, der für den Wettbewerb mit Projekten von drei HTLs und einer Bachelorarbeit mit einer Masse von vier Kilogramm beladen wird. Zudem braucht die Rakete natürlich Steuerungs- und Kommunikationssysteme. Für die Student:innen ist das viel Arbeit, vor allem, weil sie gleichzeitig auch noch an einem Teststand, einer Startrampe und einem neuen Hybridtriebwerk arbeiten, das zukünftige Raketen mit separaten Vorräten aus Paraffin und Lachgas antreiben wird.
Das ASTG nutzt 3D-Drucker, ein eigenes Betriebssystem und alle Mittel, die ihnen an ihren Hochschulen zur Verfügung stehen, um möglichst viele Arbeitsschritte bei der Konstruktion selbst erledigen zu können. In einigen Bereichen sind sie aber trotzdem auf die Hilfe von Unternehmen angewiesen, die in ihrem Bereich besondere Expertise haben. „Österreich ist keine klassische Weltraumnation, aber es gibt einige Firmen, die Zulieferer für Satelliten sind und einen starken Hightech-Sektor“, sagt Weiss.
Mikroelektronisches Gehirn
Die Mikroelektronik, die das Gehirn der Rakete bilden, wird vom steirischen Leiterplattenhersteller AT&S geliefert, leichte und widerstandsfähige Verbundwerkstoffe stammen von der oberösterreichischen Firma Peak Technology. “Wir sind stolz darauf, diese jungen Nachwuchstalente mit unseren erwiesenermaßen weltraumtauglichen Hightech-Leiterplatten zu unterstützen und hoffen, dass unser Beitrag hilft, die Rakete weiter zu verbessern”, sagt Harald Gall, Direktor der Business Line Automotive bei AT&S.
Die speziellen Argonkapseln, die zum Auslösen der Fallschirme benötigt werden, fertigt ISI in Wien. Astotec Pyrotechnic Solutions stellt Testgelände zur Verfügung und liefert die Zünder, mit denen die Rakete gestartet wird. Mehrere Firmen aus der Umgebung von Graz sind bei der Herstellung der Aluminiumteile beteiligt und Diamond Aircraft Systems aus Wiener Neustadt stellt Materialien zur Verfügung. Zahlreiche weitere Industriepartner stellen Software, Infrastruktur oder finanzielle Mittel bereit, um die Raketenbauer:innen zu unterstützen. Die Konstruktion kommt gut voran, ein erster Testflug der AVES II Rakete ist im August geplant. Das ASTG und die beteiligten Firmen sind guter Dinge, den Vorjahreserfolg beim EuRoC im Oktober wiederholen zu können und arbeiten bereits fleißig an Verbesserungen für zukünftige Modelle.
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