Wie aus Kupferabfall wertvoller Rohstoff wird
Nachhaltiges Wirtschaften umfasst viele Aspekte. Eine zentrale Aufgabe ist es, mit begrenzten Ressourcen sparsam umzugehen. Dazu entwickelt AT&S Verfahren, um aus dem Produktionsabfall wertvolles Kupfer und Gold zurück zu gewinnen — und nebenbei damit Chemikalienverbrauch, Abfall und Emissionen zu senken.
Von Helmut Spudich
Bereits in der Antike war Kupfer das erste Metall, mit dem die Produktivität von Menschen einen Schub erfuhr. Während Gold und Silber zuerst entdeckt wurden und große Anziehungskraft besaßen, aber praktisch nur für Schmuck verwendet wurden, war Kupfer und seine Legierungen der erste Werkstoff, der Stein für die Herstellung von Arbeitsgeräten, Werkzeugen und Waffen ersetzte.
Heute, im digitalen Zeitalter, ist Kupfer der Stoff, aus dem die Digitalisierung gewoben wird. In der Produktion von Leiterplatten ist Kupfer ein unverzichtbarer Rohstoff. 4066 Tonnen Kupfer wurden von AT&S im Jahr 2020 verarbeitet, erklärt Theresa Gruber, Specialist Corporate Sustainability bei AT&S, im Gespräch mit dem AT&S-Blog. Bei der Verarbeitung zählt jedes Gramm des Metalls: Je effizienter mit dem Rohstoff umgegangen wird, desto geringer die Kosten, desto weniger Abfall, desto geringer die Emissionen in der Herstellung und für den Materialien-Transport zur Produktion.
Zur ressourcenschonenden Produktion hat AT&S ein eigenes Kupfer-Recycling-Projekt ins Leben gerufen. Eine Vielzahl von Chemikalien ist bei der Herstellung von Leiterplatten im Spiel: Dabei fällt kupferhaltiger Schlamm ab, der mit extremer Sorgfalt entsorgt werden muss. Hier beginnt die „Jagd“ nach dem restlichen verwertbaren Kupfer. Das Ziel: „Wir wollen wegkommen von der linearen Produktion zu einer Kreislaufwirtschaft“, sagt Gruber.
Drei Viertel des eingesetzten Kupfers zurückgewinnen
Nach der Implementation des Recyclingprozesses können 75 Prozent des eingesetzten Kupfers zurückgewonnen werden. Das zeitigt auch eine ganze Reihe erwünschter Nebenwirkungen, beschreibt Gruber: „Wir müssen so wesentlich weniger Chemikalien im Produktionsprozess einsetzen. Und da damit weniger Rohstoff und Chemikalien in unsere Werke zu transportieren sind, senken wir die mit dem Transport verbundene CO2-Emissionen ganz beträchtlich.“ So sollen künftig bis zu 75 Tonnen Salzsäure weniger verbraucht werden, was beim Transport 2,5 Tonnen CO2 einspart. Das wiedergewonnene Kupfer wiederum reduziert die CO2-Emissionen beim Transport des Metalls gleich um 24 Tonnen.
Bisher wurde das Kupferrecycling in einer Pilotanlage durchgeführt, die in nächster Zeit in den Regelbetrieb geben soll. Mittelfristig sollen sich diese Investitionen in die Kreislaufproduktion lohnen und nicht nur einen sparsameren Umgang mit Rohstoffen und geringeren Abfall bringen, sondern auch Kosten in der Herstellung senken.
Ein weiteres AT&S-Projekt soll Einsparungen beim Einsatz von Gold bringen. Bei den Galvanikprozessen der Leiterplattenherstellung werden Gold und Palladium zur Oberflächenbehandlung verwendet. Dabei gibt es einen großen Chemikalieneinsatz, der wiederum bedingt, dass in verschiedenen Schritten der Produktion nach Verwendung von Chemikalien laufend mit reinem Wasser gespült werden muss — womit das Gold nicht nur auf den Leiterplatten, sondern auch im Abwasser landet.
Nachhaltigkeit wird zum Wettbewerbsfaktor
Auch dieser Prozess soll künftig in einem größtenteils geschlossenen Kreislauf erfolgen, erklärt Gruber. Wie beim Kupferrecycling liegt der Nutzen auf der Hand: Geringerer Energieverbrauch, weniger Chemikalien, weniger Abfall, der aufwändig entsorgt werden muss, und effizientere Nutzung des eingesetzten Goldes. In den Zahlen des Pilotprojekts: Sobald ein stabiler Betrieb der Anlage gegeben ist, werden durch den geschlossenen Kreislauf 17 Kilogramm Kaliumgoldcyanid vermieden und 320 Kilogramm Chemikalien, 250 Kubikmeter Reinstwasser und 250 Kubikmeter Abwasser weniger benötigt als bei der bisherigen Produktion.
Nachweislich nachhaltige Produktion, ist Gruber überzeugt, wird in den nächsten Jahren zur Voraussetzung, um auf internationalen Märkten bestehen zu können. Denn Konzerne stehen unter zunehmenden Druck, ihren Kunden Rechenschaft über ihren Umgang mit wertvollen Ressourcen und ihren ökologischen „Footprint“ abzulegen. Darum arbeiten die Abteilungen R&D (Forschung und Entwicklung) und Corporate Sustainability (unternehmerische Nachhaltigkeit) an einem großen Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur Erstellung einer Ökobilanzierung auf Produktgruppenebene.
„So wie die ÖBB beim Kauf eines Bahntickets genau ausweist, wieviel CO2 bei dieser Fahrt im Vergleich zu einer Autofahrt eingespart wurde, wollen wir unseren Kunden genaue Auskunft darüber geben, wie die Umweltbilanz eines Produktes aussieht“, beschreibt Gruber. Bezogen auf einen Standort — dabei soll Hinterberg den Anfang machen — wird genau bilanziert, welche Umweltwirkungen die Produktionsstätte hat, welche Ressourcen zum Einsatz kommen, welche CO2-Emissionen und Wasserverbrauch entstehen, welche Landnutzung damit verbunden ist, und anderes mehr. „Das ist ein extrem komplexer Vorgang, und die Grenzen zwischen den Systemen sind sehr schwer zu ziehen. Aber nur wenn es solche Daten entlang der ganzen Produktions- und Lieferkette gibt, kann auch wirklich eine Aussage über die Nachhaltigkeit von Produkten gemacht werden.“
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