Die Alternative zu Batterien aus Lithium, Kobalt und anderen problematischen Metallen? Plastik.  

Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Windrädern und Solarfarmen ist nur die Hälfte der fossilfreien Energiezukunft. Die andere Hälfte besteht aus den notwendigen Speichern für “Zappelstrom” und unweigerlichen “Dunkelflauten”.

Helmut Spudich

Noch kreist die Diskussion um den Ersatz fossiler und nuklearer Brennstoffe in der Energieerzeugung in erster Linie um die Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen: Wasserkraft, Windräder und Photovoltaikanlagen. Fossile Brennstoffe hatten den Vorteil, dass Strom dann erzeugt wurde, wenn er gebraucht wurde. Die Speicherung von Strom war dabei nur begrenzt notwendig: Um unsere Elektrogeräte mit Akkus zu vorsorgen, oder um elektrische Mobilität per Rad oder Automobil zu ermöglichen.

Erneuerbare Stromproduktion zur Versorgung des Stromnetzes sind jedoch ohne große Speichersysteme nicht nachhaltig möglich. “Dunkelflaute” und “Zappelstrom” sind deutsche Schlagwörter, die bereits wie “Kindergarten” und “Waldsterben” den Weg in die englische Sprache gefunden haben. Dunkelflaute meint die Zeiten, in denen Windstille Windräder und deren Generatoren still stehen lässt, und Nacht und Schlechtwetter den Solaranlagen die Sonne abdrehen. Weil die Dunkelflaute Strom aus erneuerbaren Quellen unberechenbar macht, werden diese Quellen inzwischen in der Diskussion etwas herablassend als Zappelstrom bezeichnet.

Energiespeicher – meist in Form aufladbarer Batterien – müssen darum Zeiten von Dunkelflauten überbrücken. Was bereits bei unseren Smartphones am Tagesende zu kleinen persönlichen Krisen führen kann und viele potenzielle Käufer von E-Autos noch abschreckt ist für Stromnetze undenkbar: Derzeit müssen vor allem thermische Kraftwerke, ob mit fossilen oder nuklearen Brennstoffen betrieben, die Schwankungen des Zappelstroms überbrücken.

Problematische Metalle ersetzen 

Leistungsfähige und kostengünstige Stromspeicher sind darum für eine Zukunft aus erneuerbarer Energie unverzichtbar. Sie bringen nebst technischen Herausforderungen zur Verbesserung der Energiedichte neue Umweltbelastungen mit sich. Die derzeit gängigen Lithium-Ionen-Batterien brauchen Unmengen an Lithium und Kobalt, deren Abbau in Hinblick auf Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen in den Herkunftsländern höchst problematisch ist.

Eine neuartige Batterie, von zwei Professoren des renommierten MIT (Massachusetts Institute of Technology) und dem Bostoner Startup PolyJoule entwickelt, kommt ohne Metalle für die Stromspeicherung aus. Statt Lithium oder anderen Metallen verwendet PolyJoule für seine Akkus elektrizitätsleitende Polymere – im Kern also Plastik. Die leitfähigen Polymere ersetzen Lithium oder Blei, das in anderen Batterien verwendet wird. Da dieser Kunststoff leicht verfügbar ist würde damit die Abhängigkeit von bisherigen Rohstoffquellen entfallen.

Die Kunststoff-Batterien von PolyJoule weisen eine Reihe von unverzichtbaren Eigenschaften für Stromspeicher auf, schreibt MIT Technology Review. Die Batterien laden sich sehr schnell auf und können den gespeicherten Strom lange halten. Aufgrund ihrer hohen Effizienz geht bei der Ladung nur wenig Strom verloren. Der verarbeitete Kunststoff ist kostengünstig zu produzieren. Da das Plastik sehr robust ist, kommt es beim Laden und Entladen nicht zur Ausdehnung zum Schrumpfen. Bei konventionellen Akkus kann dies eine Reihe von Problemen verursachen.

Der größte Nachteil: Die geringe Energiedichte der Kunststoffbatterien. Die Zelle einer Plastikbatterie ist bis zu fünfmal größer als die einer Lithium-Ionen-Batterie mit vergleichbarer Leistung. Darum sieht PolyJoule die Anwendung in erster Linie im stationären Bereich und nicht im Mobilitätsbereich. Für den Einsatz in einem Stromnetz sind sie hingegen besonders gut geeignet, da es bei den Plastikbatterien zu keiner Überhitzung kommen kann. Ein eigenes Kühl- und Kontrollsystem, um Überhitzung und möglichen Brand zu vermeiden, ist darum nicht notwendig.

Veröffentlicht am 26. April 2022

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