Sub-5-Mikrometer: AT&S stößt mit IPCEI in neue Dimension vor
Die Hochleistungsmikrochips, die in Rechenzentren zum Einsatz kommen und die Grundlage für KI-Systeme und Datenverarbeitung im großen Stil bilden, werden zunehmend komplexer und schneller. Um die Milliarden von Transistoren in modernen Prozessoren und Grafikprozessoren zuverlässig und effizient zu steuern und mit Strom zu versorgen, müssen auch die Schnittstellen zwischen den Chips und den anderen Bestandteilen von Computern oder Servern an die schrumpfenden Strukturen angepasst werden. AT&S entwickelt im Rahmen des von der EU geförderten Projekts IPCEI on Microelectronics and Communication Technologies eine neue Generation von IC-Substraten, die Verbindungen zwischen mehreren Hochleistungschips und einer Leiterplatte herstellen können und Prozessoren schnell und effizient mit anderen Bestandteilen eines Computers kommunizieren lässt.
Im neuen AT&S-Werk in Leoben wird derzeit eine R&D-Produktionslinie eingerichtet, auf der in Kürze die ersten Versuche gestartet werden können. Damit haben die Mitarbeiter:innen nach jahrelanger Entwicklungsarbeit einen weiteren wichtigen Meilenstein erreicht. Diese Substrate sind nicht nur die ersten, die je in Europa produziert wurden, sondern stoßen auch technologisch in eine neue Dimension vor: Die Leiterbahnen, die in Zukunft Mikrochips mit elektrischen Signalen versorgen, sind nur noch fünf Mikrometer breit und können damit deutlich dichter gepackt werden, was die Energie- und Kosteneffizienz der Systeme deutlich verbessert.
Damit hat AT&S eines der wichtigsten Ziele, die das Unternehmen sich im Rahmen des IPCEI gesetzt hat, im Visier. „Die Entwicklung des neuen Sub-5-Mikrometer-Prozesses zeigt, dass unsere jüngste IPCEI-Initiative bereits zählbare Erfolge liefert, was unsere Konkurrenzfähigkeit nochmals steigert. Das ist aber erst der Anfang, wir haben noch viele weitere Innovationen in der Pipeline und arbeiten bereits daran, die Leiterbahnen noch kleiner zu machen“, sagt Martina Resch, Project Manager R&D Funded Projects bei AT&S.
Eine Haaresbreite ist nicht genug
Derzeit auf dem Markt verfügbare IC-Substrate operieren mit Leiterzugbreiten von 8 Mikrometer, was ungefähr einem Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares entspricht. Diese Strukturen müssen mit enormer Präzision großflächig auf die 0,5 mal 0,5 Meter großen Panels aufgebracht werden, die nach dem Zerteilen die äußeren Schichten eines modernen IC-Substrats bilden. „Die Halbleiterindustrie stellt auf Mikrochips bereits tausendmal kleinere Strukturen her, aber die Prozesse lassen sich nicht einfach auf Substrate übertragen. Die Maschinen der Mikrochiphersteller sind auf kleine, runde Silizium-Wafer ausgelegt, die extrem plan und steif sind. Wir arbeiten aber mit großen, rechteckigen Panels aus organischem Material, die im Vergleich dazu sehr uneben sind und sich durch unterschiedliche Einflüsse wie zum Beispiel Temperaturveränderungen verformen“, sagt Anke Steinberger, Manager R&D Miniaturization bei AT&S.
Die Miniaturisierung der IC-Substrate wird von den Anforderungen der Halbleiterindustrie getrieben, die immer kleinere und dichter gepackte Transistoren realisieren muss, um Prozessoren mit mehr Leistung und geringerem Stromverbrauch zu produzieren. Um die steigende Zahl der Anschlüsse auf den Transistoren bedienen zu können und trotzdem effiziente Verbindungen zwischen mehreren Mikrochips und anderen Systemkomponenten wie Stromversorgung und Datenspeicher zu garantieren, müssen die Substrate im Tandem mit den Chips miniaturisiert werden. Das ist aufwändig und erfordert die Entwicklung neuer Prozesse. AT&S hat ungefähr fünf Jahre benötigt, um das Know-how zu erarbeiten, das die Produktion von Leiterbahnen unter 5 Mikrometer möglich macht.
„Wir sind mit unserem Team gerade dabei, die neuen Prozesse in Hinterberg aufzusetzen und zu qualifizieren. Es gibt schon erste Anfragen von Kunden und wir können bald erste Produktionstests starten. Eine der größten Herausforderung war es, Maschinen zu finden, mit denen wir unsere Pläne verwirklichen können. Wir nutzen Konzepte aus der Halbleiterindustrie, die wir aber an komplett andere Materialien und Eigenschaften anpassen müssen. Zum Glück haben wir Partner gefunden, mit denen wir das realisieren konnten“, sagt Timo Schwarz, der als Manager R&D Line für die Implementation und Qualifizierung der neuen Prozesse verantwortlich ist.
Kein Ende der Miniaturisierung in Sicht
Der Start der ersten Tests mit 5-Mikrometer-Leiterbahnen ist ein großer Erfolg für AT&S, aber die Miniaturisierungsbestrebungen enden damit nicht. Während die Serienproduktion für 5-Mikrometer-Substrate vorbereitet wird, verbessern Techniker:innen den Prozess, der gerade in der R&D-Linie in Leoben implementiert wird, weiter. Equipment wie die neue Belichtungsmaschine, mit der die Struktur der winzigen Leiterbahnen auf die Substrate projiziert werden, sind von vornherein auf noch kleinere Schaltungen ausgelegt. „Der nächste Schritt in der Forschung wird die Implementierung von 2-Mikrometer-Leiterbahnen sein. Da können wir unsere Entwicklungslinie im neuen Werk in den kommenden Jahren voll ausreizen. Ich bin schon seit 22 Jahren im Geschäft und weiß aus Erfahrung, dass die Miniaturisierung nie aufhört. Selbst wenn die Halbleiterindustrie von physikalischen Grenzen redet, finden sich immer neue Wege, leistungsfähigere Chips zu entwickeln. Wir haben alle Voraussetzungen, um hier in Europa einen wichtigen Beitrag zu künftigen Fortschritten zu leisten“, sagt Anke Steinberger.
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