Glass Core Substrate: Vom R&D-Durchbruch zur Plattformtechnologie
Die Halbleiterindustrie tritt in eine neue Ära ein, in der das Packaging der Chips das Innovationstempo ebenso bestimmt wie die Skalierung der Transistoren. Da die Rechenkerne für High-Performance Computing, KI und Kommunikationstechnologie immer größer und komplexer werden, stoßen herkömmliche organische Laminate an ihre Grenzen, wenn es um Verzug, Miniaturisierung der Kontakte und dielektrischen Verlust geht. Glas, das seit langem für seine optischen Eigenschaften, seine Ebenheit und seine Stabilität geschätzt wird, wird nun zu einem der wichtigsten Materialien für IC-Substrate. AT&S ist einer der Innovatoren bei der Entwicklung dieser neuen Technologie und erweitert gemeinsam mit europäischen Partnern im Rahmen des IPCEI ME/CT (Important Project of Common European Interest on Microelectronics/Communication Technology) die Grenzen der derzeitigen Packaging-Lösungen.
Mehrere Analysen kommen zu dem Schluss, dass Glas eine glaubwürdige Plattform für fortschrittliche Mikrochip-Packaging-Technologien wie Multi-Die-Integration und Co-Packaged-Funktionen darstellt. Im Vergleich zu organischen Materialien hat Glas eine außergewöhnlich geringe Gesamtdickenvariation (TTV) und eine sehr geringe Verformungstendenz, während seine dielektrischen Eigenschaften Verluste und Signalstörungen bei hohen Frequenzen reduzieren. Diese Vorteile sind entscheidend für KI-Beschleuniger, Strom- und Datennetze in Rechenzentren und 5G/6G-Infrastruktur. AT&S ist seit langem ein aktiver Player in der Erforschung von Lösungen der nächsten Generation für Hochfrequenzanwendungen und High-Performance Computing (HPC) und eines der wenigen Mikroelektronikunternehmen, das bereits an der Integration der Glastechnologie in die Fertigungsprozesse arbeitet.
Das neue Kompetenzzentrum für R&D und IC-Substrat-Produktion in Leoben, Österreich – das mit Mitteln des IPCEI ME/CT der Europäischen Union gefördert wurde – und mehrere laufende Forschungsinitiativen innerhalb des internationalen Produktionsnetzwerks des Unternehmens haben AT&S an der Spitze der Forschung im Bereich Advanced Packaging positioniert, wobei Glas-Core-Substrate einen wichtigen Schwerpunkt bilden. Gleichzeitig wächst auch die Kapazität der Lieferketten. Materiallieferanten entwickeln neue Glasformulierungen und Formate, die auf Mikrochips zugeschnitten sind, und die Gerätehersteller und Substratlieferanten testen bereits Glaskernsubstrate und Interposer.
„Wir haben in den vergangenen Jahren viel an Glaskernen gearbeitet, um ihren Nutzen für die Herstellung größerer Panels zu erforschen, neue Funktionen in unsere Substrate zu integrieren und neue Möglichkeiten für Anwendungen zu schaffen, die hohe Ströme oder Spannungen erfordern. Unser neues Substrat-Kompetenzzentrum in Leoben wird unserem Glasprogramm einen deutlichen Schub geben und wir arbeiten bereits mit namhaften Halbleiterherstellern zusammen, um Prototypen zu entwickeln“, sagt Markus Leitgeb, Head of Research BU ME bei AT&S.
Glas ist anders
Mehrere Eigenschaften machen Glas besonders attraktiv für fortschrittliches Packaging und Kommunikationstechnologien mit hohen Bandbreiten: Glas kann mit einem Wärmeausdehnungskoeffizienten produziert werden, der dem von Silizium nahekommt, wodurch thermomechanische Spannungen und Verzug während der Montage und bei thermischen Zyklen reduziert werden. Prototypen zeigen eine geringe Verformung und extrem glatte Oberflächen, die der Lithografie und dem Aufbringen der Lötkügelchen zugutekommen.
Als Isolator mit hohem Widerstand und niedrigem Verlusttangens bewahrt Glas die Signalintegrität bei Frequenzen von mehreren GHz bis hin zu Millimeterwellen und verringert im Vergleich zu organischen Dielektrika die parasitären Effekte in Hochfrequenzkanälen. Aus diesem Grund wird Glas in Roadmaps für Hochfrequenzelektronik, Photonik und Chiplets mit hohen Bandbreiten aufgeführt.
Im Gegensatz zu Silizium-Interposern kann Glas in großen Panels geformt werden, die sich an moderne Verpackungslinien anpassen lassen. Eine der aufregendsten Aussichten für Glaskernsubstrate liegt im sogenannten Optical Copackaging, der Integration von photonischen Komponenten direkt in das Chip-Gehäuse. Glas bietet optische Transparenz, geringe Oberflächenrauheit und hohe Dimensionsstabilität, was es zu einem idealen Medium für die Einbettung optischer Verbindungen direkt an den elektrischen Umverteilungsschichten macht. Dadurch werden die Latenzzeit und der Stromverbrauch in Rechenzentren und KI-Systemen drastisch reduziert.
Wie ein Glaskernsubstrat aufgebaut ist
Die Umwandlung einer Glasplatte in ein modernes Substrat erfordert eine präzise Mikrobearbeitung. TGVs (Through-Glass Vias) sorgen für vertikale Strom- und Signalpfade. Die Metallisierung kann eine vollständige Verkupferung oder eine Seitenwandbeschichtung mit dielektrischer Füllung umfassen, was jeweils mit unterschiedlichen Belastungen und Zuverlässigkeitseinbußen verbunden ist. Industrielle Demonstrationen zeigen deutliche Fortschritte in Bezug auf die Qualität, Festigkeit und Zuverlässigkeit der Durchkontaktierungen bei Temperaturwechseln. Auf einer oder beiden Seiten des Glases werden die Kupferkontakte durch Build-up-Layer mit semi-additiven Prozessen strukturiert, um feinste Leiterzüge und eine hohe Fanout-Dichte zu erreichen.
Wo Glas eine Rolle spielen wird
KI- und High-Performance-Computing-Beschleuniger benötigen große IC-Substrate, eine enorme Anzahl von Pins, verlustarme Verbindungen und eine robuste Stromversorgung. Die Ebenheit, das Feinstrukturierungspotenzial und die hervorragenden elektrischen Eigenschaften machen Glas zum perfekten Kandidaten. Erste industrielle Demonstrationen von Glaskernsubstraten und Interposern zielen speziell auf Multi-Die-GPUs/CPUs und speicherintensive Systeme ab.
Auch Hochfrequenz-/mmWave-Technologien und Photonik werden von der Glastechnologie profitieren. Das Material bietet geringe Verluste und optische Transparenz, was sauberere Hochfrequenz-Übertragung und eine mögliche elektrooptische Integration auf Gehäuseebene ermöglicht. Die Hersteller haben eine geringe Verformung, hohe Isolationsfestigkeit und hermetische TGVs für raue Umgebungen dokumentiert. Dies sind perfekte Voraussetzungen für Kfz-Radar, Kommunikationsinfrastruktur und Sensormodule. Die Integration auf Panel-Ebene für große Formfaktoren passt zur Migration der Industrie zu quadratischen Panels, um den Durchsatz und die Ausbeute bei großen, chiplastigen Baugruppen zu verbessern.
Der schwierige Teil
AT&S arbeitet aktiv an den technischen Herausforderungen, die den Einsatz in der Praxis erschweren. Da das Glas für fortschrittliche Verpackungen immer dünner wird, werden Bruchmechanik und Kantenfestigkeit kritisch; neue Werkzeuge und Prozesskontrollen sind entlang der gesamten Produktionslinie erforderlich. Die Umstellung auf große, flache Panels stellt hohe Anforderungen an die Handhabungs- und Inspektionssysteme. Um Glas in Serie zu produzieren, müssen entweder bestehende Anlagen umgerüstet oder in neue Geräte investiert werden. Während mehrere Glaslieferanten bereits maßgeschneiderte Rezepturen und strukturierte Panels liefern können, muss die komplette Produktion, von der Via-Bohrung bis zu den Umverteilungsschichten, der Verklebung, den Tests und den Zuverlässigkeitsstandards, noch perfektioniert werden. Auch die Landschaft des geistigen Eigentums zeichnet ein klares Bild: Die Patentanmeldungen sind seit 2020 gestiegen, begleitet vo intensiver Aktivität von Geräteherstellern und Materialunternehmen. Dies ist ein Zeichen für vielversprechende Aussichten und Wettbewerb.
Vorteil AT&S
AT&S ist einer der weltweit führenden Hersteller von Hochleistungs-IC-Substraten und beliefert von seinen Produktions- und Forschungsstandorten in Europa und Asien aus die Top-Rechenleistungsprovider in aller Welt. Unsere Substrate treiben heute Prozessoren und Beschleuniger in Rechenzentren an, und diese Erfahrung auf Systemebene fließt direkt in unsere Glasprogramme mit Kunden ein, die eine noch höhere Bandbreitendichte und geringere Gehäusegröße anstreben. Die Kombination aus Forschung und Entwicklung, fortschrittlicher Fertigung und Zusammenarbeit mit unseren Kunden ermöglicht es uns, Glas als Weiterentwicklung unserer bestehenden Plattform zu erforschen und ein neues Kernmaterial mit feiner Prozesskontrolle, Panel-Erfahrung und Zuverlässigkeitsmechanik zu versehen.
Unser neues Kompetenzzentrum für R&D und IC-Substrat-Produktion in Leoben bietet zusammen mit unseren Hochvolumens-Standorten einen Weg von der Pilotfertigung zur Industrialisierung, während Glas als Technologie reift. Glaskernsubstrate sind kein Marketing-Gag, sondern eine ernstzunehmende technische Antwort auf die Anforderungen von KI und High-Performance-Computing, Hochfrequenzübertragung und Photonik im Gehäusemaßstab. AT&S ist bereit, seine Kunden bei der Entwicklung, dem Prototyping und der Skalierung von glasbasierten Systemen zu unterstützen, die das nächste Jahrzehnt der Computertechnik antreiben werden.
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